Der Blick ins Drogerie-Regal zeigt: fürs Haarewaschen kann man sich hierzulande aus einer schier endlosen Anzahl an Produkten für jeden Haar-Typ das passende Shampoo aussuchen.
Doch Vorsicht beim Verwendungszweck! So wirbt etwa der Hersteller SYOSS auf seinem „Repair“-Shampoo damit, dieses sei „für trockenes und geschädigtes Haar“. Damit ist – rein sprachlich – nicht zweifelsfrei klar, ob es um den Zustand der Haare vor oder nach der Benutzung des Shampoos geht, weshalb die Formulierung hartgesottenen Sprachfetischistinnen und derben Scherzbolden eine unnötige Angriffsfläche für Häme und Sarkasmus bietet.
Wir mündigen Konsument:innen gehen in unserem fast grenzenlosen Wohlwollen natürlich davon aus, dass hier kein zweifelhaftes Verwendungsresultat beschrieben wird. Wir sollen vielmehr Orientierungshilfe angeboten bekommen, um das passende Shampoo für den aktuellen, möglicherweise bedauernswerten Zustand unserer Haare zu finden – und selbstverständlich, um diesen zu verbessern. Deswegen ergänzen wir gedanklich automatisch ein „…geeignet“ oder wir stellen im Kopf, bewusst oder intuitiv, ein gefühltes „Für die Verwendung bei…“ voran.
Das machen die meisten von uns tatsächlich automatisch, weil wir uns schlichtweg nicht vorstellen können, dass ein Hersteller auf die Idee kommen würde, mit negativen Auswirkungen bei der Verwendung seiner Produkte zu werben – mal abgesehen von dem standardisierten Warnhinweis bei pharmazeutischen Produkten („Zu Risiken und Nebenwirkungen…“) oder von der therapeutischen Bitte um maßvollen Genuss bei bestimmten Lebensmitteln („Kann bei übermäßigem Verzehr abführend wirken…“).
Und dennoch kann man die sprachliche Herausforderung auch anders lösen. Nur eine kleine Nuance geschickter sind die Texter von BALEA vorgegangen, als sie bei ihrer Creme-Öl-Dusche einfach das „für“ weggelassen haben. Da bleibt es den Käufer*innen überlassen, ob sie sich mit ihrer „trockenen und empfindlichen Haut“ angesprochen fühlen sollen oder ob ihnen die dermatologische Metamorphose erst nach der Verwendung der Dusche droht. Da hilft leider auch der Hinweis nicht weiter, dass das Produkt klinisch geprüft und seine Wirkung bestätigt wurde. Woraufhin geprüft und welche Wirkung wurde denn nun bestätigt?
Unsere Texterin Annette empfiehlt die simple, aber zielführende Verwendung der Präposition „bei“ anstelle des mehrdeutigen „für“. Hat auch nur drei Buchstaben und kann bei der nächsten Produktionscharge ganz schnell ausgetauscht werden, ohne dass wertvoller Platz auf dem Etikett verloren geht oder dieses ganz neu angelegt werden müsste. „Bei trockener und empfindlicher Haut“ ist völlig eindeutig und gibt den Käufer:innen Orientierung bei ihrem „Problem“, mit dem sie sich vor dem Regal auf die Suche nach geeigneten Helfern machen.
Und ob sich der erhoffte Nutzen eingestellt hat, zeigt sich dann ganz einfach dadurch, dass die Konsument:innen das Produkt wieder kaufen.
Übrigens: hat jemand auf der SYOSS-Flasche den zweiten, grammatikalischen Fehler entdeckt? Schreibt mir gern. Die drei Ersten erhalten von mir ein Shampoo, auf dem nicht nur der Inhalt, sondern auch die Grammatik stimmt.
Euer Tom Eisenlöffel
| Werbung wg. Produktabbildung und Produktnennung – unaufgefordert, unbezahlt